Die
Wehrgeschichtliche Lehrsammlung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
Die Wehrgeschichtliche Lehrsammlung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
geht auf eine Initiative des ehemaligen Kommandeurs der Sanitätsakademie
und späteren Inspekteurs des Sanitäts- und Gesundheitswesens der
Bundeswehr, Generaloberstabsarzt a.D. Prof. Dr. Ernst Rebentisch, aus
dem Jahre 1974 zurück.
In den vergangenen fast 40 Jahren ist die Sammlung durch zahlreiche
private Helfer, Spender und Leihgeber unterstützt worden und stellt
mittlerweile die größte Institution dar, die sich mit der Geschichte der
Wehr- und Militärmedizin im deutschsprachigen Raum beschäftigt.
Zusammengetragen wurde seither eine Vielzahl von musealen Gegenständen
mit Bezug zur Geschichte des Sanitätsdienstes, die sich nicht nur auf
humanmedizinisches Gebiet beschränken, sondern auch Zahn- und
Veterinärmedizin wie auch das Apothekenwesen in deutschen Streitkräften
umfassen.
Zu nennen sind zahlreiches chirurgisches Besteck unterschiedlichster
Epochen, Arzt- und Sanitätstaschen, Medikamente und Verbandstoffe,
Tragen, Mikroskope, Trinkwasseraufbereitungsanlagen, Sanitäts-schränke,
Operationseinrichtungen, wie der OP-Tisch des Schulschiffes
„Deutschland“, bis hin zu kompletten Röntgen-Einrichtungen, z.B. aus der
Maginot-Linie.
In den Magazinen und Ausstellungsräumen werden zudem Uniformen, Helme,
Auszeichnungen, Waffen und Ausrüstungsgegenstände von Sanitätsoffizieren
und -soldaten verschiedener deutscher Armeen aufbewahrt.
An Großgerät ragen SAR-Helikopter, gepanzerte und ungepanzerte
Verwundetentransportmittel heraus, beginnend mit einem wertvollen
Verbandmittelwagen aus dem Jahre 1863.
Besonders erwähnenswert ist auch die Sammlung und sach- und fachgerechte
Lagerung einer Anzahl wertvoller Gemälde und Grafiken vorwiegend aus dem
Besitz des ehemaligen Berliner Reichsarbeitsministeriums, ab 1934
Militärärztliche Akademie. Diese galten seit ihrer Auslagerung im
Zweiten Weltkrieg als vernichtet, verschollen oder als Beutekunst
verschleppt, wie z.B. die Ölgemälde von Johann Theodor Eller
(1689-1760), dem ersten Sanitätschef der preußischen Armee und Leibarzt
Friedrich Wilhelms I., oder das Gemälde des Berliner Hofapothekers
Caspar Neumann. Die Basis zu dieser Sammlung von Kunstwerken war bereits
von dem preußischen Generalstabschirurgen und Chef des
Militärmedizinalwesens Johann Goercke (1750-1822) - dem ersten Direktor
der 1795 gegründeten "Medizinisch-chirurgischen Pépinière“ - gelegt
worden.
Neben solchen Ausstellungstücken umfasst die Wehrgeschichtliche
Lehrsammlung auch Tausende von antiquarischen Büchern, Vorschriften,
Manuskripten, Tagebuchaufzeichnungen und Fotografien mit
sanitätsdienstlichem Bezug. Dieser unerschöpfliche Quellenbestand steht
heute und in der Zukunft Historikern, Doktoranden und Forschern zur
Aufarbeitung zur Verfügung.
Die personelle Repräsentanz der Sammlung ist aus Sicht der Gesellschaft
noch nicht befriedigend. Zwar ist es gelungen, die Leitung einem
Lehrstabsoffizier für historisch-politische Bildung in Nebenfunktion zu
übertragen, allerdings ist bis heute kein Medizinhistoriker eingebunden,
obwohl Lehr- und Studiensammlungen durch das Bundesministerium der
Verteidigung explizit als Bestandteil der Aus-. und Fortbildung
akzentuiert werden. Daher helfen engagierte Reservisten bei der
Tagesroutine wie auch der Planung von Ausstellungen, Symposien und
anderen Ausbildungs- und Sonderveranstaltungen.
In den letzten Jahren ist die fachliche Zusammenarbeit zwischen der
Wehrgeschichtlichen Lehrsammlung und Museen, anderen militärhistorischen
Lehr- und Studiensammlungen der Bundeswehr sowie einschlägigen
Einrichtungen außerhalb der Bundeswehr sehr intensiviert worden. Im
Sommer 2008 konnten Kontakte nach Frankreich, zum Pariser „Val de Grace“
geknüpft werden, im März 2009 zum Heeresgeschichtlichen Museum in Wien,
2010 zum Kriegsmuseum Rovereto und 2011 zum Kaiserjägermuseum in
Innsbruck. Mittlerweile finden sich immer wieder Exponate der Sammlung
in anderen renommierten Sonder- und Dauerausstellungen in Deutschland,
sogar das renommierte Canadian War Museum in Ottawa (Kanada) forderte
2011 Ausstellungsstücke an.
Dabei stellt das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden
(MHM) die Funktion des Leitmuseums dar, mit dem Auftrag, die deutsche
Militärgeschichte in Anlehnung an die Ergebnisse der Forschung zeitgemäß
darzustellen. Insbesondere wird dadurch erreicht, dass durch die
Einbeziehung der Lehr- und Studiensammlungen in ein
bundeswehrgemeinsames Museumskonzept ein Ausstellungsverbund entsteht,
der einer gegenständlichen Darstellung der deutschen Militärgeschichte
gerecht wird.
Eine bedeutende Zäsur in der Außenwirkung der Lehrsammlung wurde zur
50-Jahr-Feier der Bundeswehr im September 2005 mit dem Umzug in die
Halle 10 vorgenommen. Hier konnte erstmals eine chronologisch aufgebaute
zentrale Aus- und Darstellung der Geschichte des Sanitätsdienstes im
deutschsprachigen Raum vorgenommen werden. Die Sammlung versteht die
Entwicklung der (Militär)-Medizin nicht nur als evolutionären Prozess,
der an Hand steter Weiterentwicklung sanitätsdienstlicher Technik
gezeigt wird, sondern will genauso den Gegensatz, aber auch das
Miteinander von Militär und Medizin verdeutlichen. Schwerpunkte der
Ausstellung sind die Entstehung des deutschen Militärsanitätswesens
Anfang des 19. Jahrhunderts, das Zeitalter der beiden Weltkriege bis hin
zu den sanitätsdienstlichen Besonderheiten in der NVA und frühen
Bundeswehr. Der Rundgang schließt mit Hinweisen auf das Zeitalter der
UN-Einsätze und des Beginns der Einsatzmedizin. In räumlichem und
organisatorischem Zusammenhang steht auch die Wehrpathologische
Lehrsammlung mit über 3000 pathologischen und anatomischen
Ausstellungsstücken. Sie ist eine der größten derartigen Kollektionen
und zeigt ein breites Spektrum an Krankheits- und Verletzungsbildern aus
der Zeit des I. Weltkriegs bis heute.
Beide Sammlungen dienen in erster Linie der Ausbildung von
Sanitätsoffizieren, von Sanitätsunteroffizieren und des
medizinisch-technischen Assistenzpersonals, stehen aber interessierten
Besuchern nach Voranmeldung und Genehmigung durch die Sanitätsakademie
der Bundeswehr offen.
Flottenarzt Dr. Volker Hartmann und Oberstleutnant Rufin Mellentin
"Tutti fratelli" von Henry Dunant.
Diorama zur Schlacht von Solferino 1859.
Eine Frau pflegt einen Verwundeten.